… und faule Äpfel
Ein Beitrag von Christoph Minhoff.
Drucksache 17/ 13709 hatte kein Glück. Wenige Wochen vor der Bundestagswahl, im Juni 2013 von der SPD eingebracht, sollte Drucksache 17/13709 erst im zuständigen Ausschuss und schließlich im Bundestag keine Mehrheit finden. Eingebracht, Durchgesprochen, Abgelehnt. Drucksache 17/13709 wollte eine neue Kontrollinstanz ins Leben rufen: Den „Marktwächter“.
Doch was soll das sein? Ein „Marktwächter“. Phonetisch erinnert das Wort „Marktwächter“ ja an „Parkwächter“ oder „Nachtwächter“. Und möglicherweise stand genau dieses Kopfkino Pate bei der Namensfindung. Marktwächter, so heißt es in der Vorlage, sollen: beobachten, beraten, bewerten, bearbeiten, bekämpfen, beteiligen! Upps! Welche Liebe zur Alliteration der Antragsteller! (Schabe das Cello schäbiger Schuft..) Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier offenbar eine Art staatlicher „Petzer“ installiert werden sollte. Zitat aus der Drucksache: „Die Marktwächter sollen bewerten, und zwar das verbrauchergerechte Verhalten von Unternehmen … Dann sollen die Marktwächter bearbeiten, und zwar Hinweise. Diese sollen sie an die Aufsichtsbehörden mit dem Recht auf Gehör an die Politik weitergeben.“ Der Volksmund nennt das gemeinhin „Petzen“! und Wikipedia definiert: „In der Schülersprache wird damit das Melden unerwünschten Verhaltens an eine Autoritätsperson bezeichnet.“ Und genau das ist auch die Beschreibung für die Funktion des sogenannten Marktwächters. Übrigens verweist das Internetlexikon direkt auf den Begriff „Denunziation“ und zitiert im Zusammenhang mit den Begriffen Petzen und Anschwärzen einen Sprachwissenschaftler aus dem frühen 20. Jahrhundert mit dem Satz: „Das Verleumden und Verunglimpfen ist ein Anschwärzen, wenn es um des eigenen Nutzens und Vergnügens willen und aus gehässiger Gesinnung in der Absicht geschieht, gegen jemand bei gewissen Personen Verdacht und Misstrauen zu erwecken.“
Nun geht es ja hier nicht um Kinderkram und der Antrag hatte natürlich einen ernsten Hintergrund. Bei genauer Betrachtung zeigt sich erneut, dass die sozialdemokratischen Verbraucherschutzexperten zunehmend das Leitbild des unmündigen Verbrauchers propagieren. Und: Die SPD will offenbar die Verbraucherschutzzentralen massiv mit neuen Aufgaben, vor allem mit erheblichen zusätzlichen Mitteln ausstatten. Tatsächlich ist auffällig, dass stets vom VZBV und nicht von anderen NGOs der Verbraucherschutzszene die Rede ist. Zitat aus der Drucksache: „Die Rolle der Verbraucherzentralen sowie ihres Bundesverbandes hat einen enormen Stellenwert auch als Interessenvertretung der Verbraucherinnen und Verbraucher erlangt…Die Verbraucherzentralen sollen daher in ihrer Arbeit bestärkt und zu Marktwächtern ausgebaut werden. Dafür erhalten sie als Regelförderung zusätzliche Mittel aus dem Bundeshaushalt.“
Nun ist die Berufsbezeichnung „Verbraucherschützer“ ja wiederum ihrerseits nicht geschützt und viele NGOs entwickelten sich zu Sammelbecken all jener, deren Wertschöpfung meist Wortschöpfungen sind, dankbar für die private oder staatliche Alimentierung ihres Lebensunterhalts. Sie entlohnen es in der Regel mit dem Kampf für das, was sie für eine gerechte Sache halten. Doch bei den „Marktwächtern“ reden wir nicht von Amateuren, sondern von den Profis im Verbraucherschutz. Und da ist man überrascht. Denn schon bisher erfüllen die Verbraucherzentralen ganz von selbst die Rolle des „Marktbeobachters“, decken Missstände auf und beraten Bürger umfassend. Doch offenbar sollte mehr „Staatsknete“ fließen! Zitat Drucksache 17/13709: „Dafür sollen unter anderem bis zu 20 Prozent der vom Bundeskartellamt verhängten Geldbußen wegen Kartellrechtsverstößen zweckgebunden der Deutschen Stiftung Verbraucherschutz zugewiesen werden. Nach der Aufbauphase sollen für die Arbeit der Marktwächter insgesamt 50 Mio. Euro als Regelförderung bereitgestellt werden.“ Das wird die Verbraucherzentralen aber freuen und man fragt sich: Darf‘s noch ein bisschen mehr sein?
Doch, schade, leider für den VZBV…., dieser Antrag fand keine Mehrheit. Er wurde von CDU, CSU und FDP im Ausschuss abgelehnt und der Ablehnungsempfehlung folgte auch die Mehrheit der Koalition im Bundestag. Fertig, aus, erledigt! Oder? Denkste!
Nun sitzen CDU, CSU und SPD gemeinsam am Tisch, um eine Koalition zu bilden und diskutieren in Arbeitsgruppen über ein Regierungsprogramm und „schwupps“, da ist er wieder, der Wiedergänger namens „Marktwächter“, diesmal allerdings als „Verbraucherschutzbeauftragter“ und vorgeschlagen von der Union.
Man wundert und fragt sich: Warum wollen alle im Bundestag vertretenen Parteien die staatlichen Aufgabe des Verbraucherschutzes outsourcen? Warum nimmt der Staat nicht seine Schutzfunktion wahr, wenn es Missstände gibt? Wenn die gesetzlichen Regeln unzureichend erscheinen, dann muss man sie ändern. Wenn die gesetzliche Aufsicht nicht ausreicht, um Gesetzesverstöße zu erkennen, dann muss man sie ausbauen! Wenn es Gesetzesverstöße gibt, muss man sie ahnden! Das ist staatliche Aufgabe und staatliche Pflicht! Das wäre staatlicher Verbraucherschutz und genau das sollte sichergestellt werden. Faule Äpfel werden nicht frisch, wenn man sie beobachtet (Da ist ja ein fauler Apfel!), darüber berät (Was machen wir denn mit dem?), bewertet (Da ist ja ein fauler Apfel!), bearbeitet (Was könnten wir denn mit dem machen?), bekämpft (Es darf hier keinen faulen Apfel geben!) und beteiligt (Ihr da! Kümmert euch mal um den faulen Apfel!). Faule Äpfel sortiert man einfach aus!
Kombiniert man „Marktwächter“ mit „Verbraucherschutz“ kommt dabei, wenn man will, „Verbraucherwächter“ heraus. Und so wirkt es auf den Verbraucher auch. Weil wir ja alle zu dumm, zu stur, zu faul, zu ignorant oder was auch immer sind, um selbst entscheiden zu können, was wir wollen oder nicht, oder was und gut tut oder nicht. Entspricht der sogenannte „mündige Bürger“ nicht dem (grünen) „Modellbürger“, wird er zum dummen Schaf erklärt, weil man die Existenz „schwarzer Schafe“ ja nachweisen kann.
Ach, da war doch was mit diesen Schafen, wo führt man die noch mal hin?
Ein Schelm, der Böses dabei denkt!!
Soll das ein Plädoyer für die Verbeamtung der Verbraucherschützer sein….weg mit dem N…her mit dem GO..?