Ein Beitrag von Christoph Minhoff
Immer wieder ein Quell größten Ideenreichtums sind die Internetseiten der Verbraucherschutzzentralen. Was man hier an möglichen Unbill des Lebens erfährt, schlägt jeden Rosamunde Pilcher Roman. Ganz oft habe ich mich gefragt, wie geht eigentlich ein Verbraucherschützer einkaufen? Wie viel Zeit investiert er für einen Einkauf? Scannt er jeden Artikel, den er kaufen will, vorher ab? Lässt er sich die Ampel per App auf dem Smartphone anzeigen? Ruft er Vergleichsportale auf? Oder kauft er einfach so ein, wie alle anderen: Zügig, meist das Gleiche, was ihm schmeckt, was er sich gönnen und/oder leisten will und kann?
Derlei Überlegungen reifen, weil man sich so schwer erklären kann, wie manche Warnungen und Ratschläge auf die Seiten der VZen bundesweit gelangen. Aktuell tut sich die VZ Bayern mit einem schlauen Tipps hervor. Es geht um Salami.
Zitat: „Äpfel sind bekanntlich gesund und enthalten viel Vitamin C. Überraschend ist dagegen, dass in 100 Gramm Salami mehr Vitamin C stecken kann als in der vergleichbaren Menge Äpfel. Wie kann das sein?“ Gute Frage! Und die Antwort kommt auch zugleich: „Unter der Bezeichnung Ascorbinsäure wird Vitamin C in der Wurstherstellung einsetzt. Als Zusatzstoff wirkt es konservierend und verhindert gleichzeitig, dass die Wurst grau wird.“ Genau!
Nun geht man doch davon aus, dass die Verbraucherschutzzentralen für mehr „Klarheit und Wahrheit“ und damit für Aufklärung und Verständnis sorgen wollen. Sie selbst nehmen dieses Motto ja stets für sich allein in Anspruch. In diesem Fall führte die „Klarheit und Wahrheit“ zu folgenden Überschriften in der deutschen Presselandschaft: „Wurst ist eine Vitaminbombe“ (Focus), „Salami enthält mehr Vitamin C als Äpfel“ (Augsburger Allgemeine), „Überraschender Tipp: Erkältungsfrei durch den Winter: Salami ist gut fürs Immunsystem“ (Hamburger Morgenpost), „Salami stärkt das Immunsystem besser als ein Apfel“ (short-news online), „Von wegen ungesund: Salami hat deutlich mehr Vitamin C als ein Apfel“ (Healthnews). Glückwunsch VZ Bayern! Die Verwirrung ist komplett. Was werden die Zeitungsredakteure erst schreiben, wenn sie erfahren, dass in einem Glas Cola light weniger Zucker ist, als in einem Apfel!
Leider ist der Vorgang nicht ganz so lustig und banal, wie er scheint. Denn was ist hier exemplarisch passiert. Eine reißerische Schlagzeile der VZ Bayern führt zu reißerischen Schlagzeilen in Zeitungen. Redakteure folgen Thesen von Verbraucherschützern blind und am Ende folgt die Politik der vermeintlichen öffentlichen Meinung! Wo ist die Qualitätskontrolle für die Verbraucherschutzzentralen, die für derlei unsinnige Aufklärungsarbeit mit noch mehr Steuergeldern finanziert werden sollen?
Übrigens: Die Ernährungsexpertin der VZ Bayern empfiehlt natürlich nicht, Salami statt Apfel zum Schutz vor Erkältungen: „Es gibt allerdings einige Argumente, den Apfel als Lieferant für Vitamin C vorzuziehen! Eine Vielzahl von sekundären Pflanzenstoffen im Apfel wirken ebenfalls förderlich auf das Immunsystem. Und der Apfel glänzt mit einem hohen Gehalt an Ballaststoffen. Das sogenannte Pektin wirkt verdauungsfördernd und cholesterinsenkend.“
Verdauungsfördernd wirkt auch eine solche Pressemitteilung, aber nicht blutdrucksenkend!