Professor Nöhles Essensalltag
Also, beide Produkte werden aus Milch hergestellt, sehen etwas ähnlich aus, werden in Kunststoffbechern abgepackt und schmecken auch irgendwie ähnlich. Obwohl, nein, eigentlich doch nicht.
Der große Unterschied: „Quark“ ist ein Käse – „Joghurt“ ist ein Milcherzeugnis.
Aha, Sie sind jetzt immer noch nicht schlauer?
Zum Quark: Käse wird durch Dicklegung der Milch durch Zugabe von Lab hergestellt. Lab ist ein Enzym aus dem Kälbermagen, welches das Kalb produziert, um die Muttermilch besser vor zu verdauen. Genau genommen ist es eine Protease, ein Enzym, welches Proteine spaltet. Heute wird aber zur Käseherstellung nicht mehr Kälbermagenlab verwendet (zu wenig Kälber hier in der Gegend), sondern es werden aus Mikroorganismen gewonnene Enzyme eingesetzt.
Was passiert genau? Milch enthält verschiedene Proteine, nämlich die Albumine, Globuline und – zum größten Teil – die Caseine. Die Protease aus dem Kälbermagen spaltet das so genannte „kappa-Casein“ vom Casein ab. Dadurch verändert das Protein selbsterklärend seine Struktur (der „kappa-Anteil“ ist entfernt). Das hat zur Folge, dass es seine Eigenschaft verliert, sich in Lösungen zu halten und ausflockt. Der Käsereimeister nennt diesen Vorgang „Dicklegung“. Das dick gelegte Eiweißgerüst wird sodann mit der „Käseharfe“ in kleine Würfelchen geschnitten (das wäre dann schon die erste Stufe vom so genannten „Hüttenkäse“) und dann je nach zukünftigem Verwendungszweck entweder erhitzt, gepresst oder abzentrifugiert.
Die Flüssigkeit, die bei diesem Prozess abgesondert wird, heißt „Molke“. Sie wird abgelassen und für andere Zwecke weiterverarbeitet. Die Molke enthält also alle Bestandteile der Milch mit Ausnahme der oben ausgefällten Caseine. Konkret besteht Molke aus den Eiweißen Albumine und Globuline, aus Kalzium und wasserlöslichen Vitaminen. Aus den ausgefällten Caseinen wird unser Quark hergestellt durch Zusatz einer säuernden Kultur, Zusatz von Sahne zur Einstellung auf den gewünschten Fettgehalt und etwas Salz zur geschmacklichen Abrundung. Anschließend wird er zur Haltbarmachung erhitzt und dann abgefüllt. Fertig.
Nun zum Joghurt: Hier wird Milch mit einer säuernden Mikroorganismenkultur versetzt, wie zum Beispiel Laktobazillen und Streptokokken. Diese Mikroorganismen enthalten auch zahlreiche Enzyme, die die Inhaltsstoffe der Milch verändern. Sie spalten aber nicht etwa die Milchproteine, wie es das Lab aus dem Kälbermagen macht, nein, sie wandeln den Milchzucker (Laktose) in Milchsäure um. Diese Säurebildung führt zu einer Absenkung des pH-Wertes in der Milch. Die Milch wird säuerlich und das wiederum führt dazu, dass die Milchproteine ausfallen, weil sich durch die Säureeinwirkung ihre Struktur verändert.
Die Milch wird „dick“, es entsteht eine gallertartige Masse – unser stichfester, löffelfähiger Joghurt. Fertig. Wenn man diese Gallerte zerstört, setzt sich bekanntlich eine Flüssigkeit ab, doch diese Flüssigkeit ist nicht etwa Molke (= Albumine, Globuline, Kalzium etc., jedoch ohne Caseine wie beim Käse), sondern „Serum“, eine wässrige Flüssigkeit, die nur die wasserlöslichen Inhaltsstoffe der Milch, aber nahezu keine Proteine enthält.
Also – haben Sie den Unterschied erkannt?
Käse ist ein Produkt aus der Caseinfraktion der Milch, welches nach Abtrennung der Molke durch Zusatz von Mikroorganismenkulturen und Sahne zu verschiedenen Käsen verschiedenen Fettgehaltes weiterbearbeitet wird. Der fertige Käse hat also gegenüber der Ausgangsmilch einen erhöhten Eiweiß(Casein)gehalt, denn die Caseine wurden ja ausgefällt und aufkonzentriert, sowie einen erniedrigten Gehalt an allen wasserlöslichen Inhaltsstoffen wie Kalzium und Milchzucker, denn diese wurden abgelassen.
Joghurt ist nichts anderes als eine auf einen bestimmten Fettgehalt eingestellte Milch, welche durch Zusatz von Mikroorganismen gesäuert wird, bei der aber sämtliche Milchinhaltsstoffe erhalten bleiben, weil eben nichts (wie beim Käse) entfernt wird.
Und – welches Produkt ist nun „besser“?
Quark eignet sich aufgrund des hohen Eiweißgehaltes gut zur Weiterverarbeitung, z. B. zum Backen (Käsekuchen wird mit Quark hergestellt) oder zur Herstellung von zusammen gesetzten Speisen wie Früchtequark.
Joghurt ist aufgrund seiner „milchigen“ Struktur eher etwas zum Verfeinern flüssiger Nahrungsmittel wie Salatdressings und natürlich zum „direkt Löffeln“ in verschiedensten Fruchtvarianten. Es gibt wie so oft bei Lebensmitteln kein „gut“ oder “schlecht“, sondern alles hängt vom Verwendungszweck ab.
Und was passiert mit der Molke aus der Käseherstellung, wird die etwa weggeworfen? Mitnichten. Die Molke wird zu Molkepulver eingesprüht und anderen Lebensmitteln als Träger zugesetzt (einfach mal auf die Zutatenliste sehen, jetzt wissen Sie, woher es kommt).
Aufgrund des hohen Anteiles an Albuminen und Globulinen wird Molkepulver auch als hochwertige Beigabe als Viehfutter verwendet, denn wer gutes Fleisch will, muss auch Gutes füttern.
danke! endlich mal eine richtig gute erklärung. sehr angenehm!
Sehr gut erklärt!
Vielen Dank!
Habe lang nach einer ausführlichen Antwort gesucht – und hier gefunden 🙂
Sehr interessanter ausführlicher Bericht, hat mir auf jeden Fall weitergeholfen.