Professor Nöhles Essensalltag
Braun oder weiß?
Dass das Unheil der ganzen Welt sich auf Zucker konzentriert, lesen wir fast jeden Tag in irgendwelchen Boulevardblättern. Stimmt aber nicht, denn Zucker ist ein ganz einfaches und in der Natur weit verbreitetes Kohlenhydrat, welches einen regelmäßigen Beitrag zu unserer Ernährung genauso wie die Fette und Eiweiße leistet.
Und dann steht in diesen Artikel meist noch, dass Brauner Zucker viel gesünder und Honig noch 1000mal gesünder sei. Na, ich glaube, das müssen wir mal eben hinterfragen.
Der uns in Europa bekannte Weiße Haushaltszucker stammt aus der Zuckerrübe, ist kristallin und hat einen Reinheitsgrad von 99,7 Prozent, die restlichen 0,3 Prozent sind Kristallwasser. Zucker besteht chemisch aus Saccharose, dieses Molekül setzt sich wiederum zusammen aus einem Molekül Glukose, auch als Traubenzucker bekannt, und einem Molekül Fruktose, auch als Fruchtzucker bekannt. Unser Körper spaltet die Saccharose in genau diese zwei Zuckerarten Glukose und Fruktose auf und in dieser Form gelangen diese Kohlenhydrate in die Blutbahn und werden dann in den Zellen verstoffwechselt.
Brauner Zucker ist auch Saccharose, jedoch beträgt der Reinheitsgrad nur ca. 98-99 Prozent, der Rest sind Pflanzenbestandteile aus der zuckerspendenden Pflanze, auch Melasse genannt. Die Melasse enthält organische Säuren, Mineralstoffe und ein paar Vitamine und die Melasse ist eben braun. Brauner Zucker ist also nichts anderes als nicht vollständig aufgereinigter Zucker.
Die Melasse aus der Rübe schmeckt aber leicht bitter während die Melasse aus Zuckerrohr einen angenehm karamelligen Geschmack aufweist. Deshalb finden Sie im Regal Ihres gut sortierten Supermarktes unter Braunem Zucker als Streuzucker fast immer Rohrohrzucker. Der Mineralstoffanteil von unter einem Prozent ist allerdings ernährungsphysiologisch vernachlässigbar. Ein Biss in eine Scheibe Schwarzbrot hat mehr Mineralstoffe als 100 Gramm Rohrohrzucker.
Und was ist jetzt Honig ? Das sind auch die Saccharose und andere Kohlenhydrate aus der Blüte, die die Bienen bereits teilweise fermentativ in Glukose = Traubenzucker und Fruktose = Fruchtzucker aufgespalten haben. Hinzu kommen noch Wasser, wiederum ein paar Spurenelemente, Vitamine, Restmengen an anderen komplexen Kohlenhydraten aus der Blüte, natürliche Farb- und Aromastoffe und die Enzyme aus der Biene, die Zucker und Stärke spalten. Honig besteht je nach Pflanzenart, die die Bienen angeflogen haben, aus rund 17 Prozent Wasser, 33 Prozent Fruchtzucker, 30 Prozent Traubenzucker und restlichen 18 Prozent Saccharose nebst 2 Prozent der erwähnten Begleitstoffe, die sich aber ernährungsphysiologisch auch eher im unbedeutenden Rahmen bewegen.
Zusammenfassung der Kohlenhydratbetrachtung:
Weisser Verbrauchszucker = 99,7 % Saccharose = Glukose/Fruktose 1:1
Brauner Zucker = 98-99% Saccharose = Glukose/Fruktose 1:1
Honig = 18% Saccharose = Glukose/Fruktose 1:1
+ 33% Fruktose + 30 % Glukose
Um es klar zu sagen: diese ganzen Produkte landen rein ernährungsphysiologisch alle als Glukose und Fruktose in unserer Blutbahn, haben in Bezug auf den Kohlenhydratanteil alle den gleichen Brennwert und unterscheiden sich allenfalls im Wassergehalt und im Gehalt an eher unbedeutenden Begleitstoffen.
Keines dieser Produkte ist dementsprechend gesünder als die weiße Variante, der Unterschied liegt hauptsächlich im Geschmack und im Mundgefühl.
Wenn ich Ihnen jetzt alle Illusionen genommen haben sollte, sorry for that folks, aber Wissenschaft schlägt Boulevard.