Ein Gastbeitrag von Matthias Dimke, Geschäftsführer von General Mills
Vor ein paar Wochen im April wollte Prof. Nöhle über die verschiedenen Eissorten und ihre Qualität aufklären. Einen eher beiläufigen Satz aus seinem Essensalltag möchte ich hier sehr gerne zitieren und kommentieren: „… weil Eis oftmals mit Luft aufgeschlagen wird, finden Sie auf fertig verpacktem Eis die Nennfüllmenge in Milliliter oder Liter und nicht in Gramm oder Kilogramm.“
Dass die Füllmenge in Milliliter oder Liter und nicht in Gramm oder Kilogramm angegeben wird, ergibt leider wenig Sinn. Viel einfacher und einleuchtender ist die deutsche Verpackungsordnung: Feststoffe werden dort in Kilogramm angegeben und Flüssigkeiten in Litern. Trotzdem wird Eis hierzulande in Litern angeboten. Obwohl niemand in Deutschland sein Eis trinken möchte, auch wenn es ursprünglich aus flüssigen Zutaten hergestellt wurde.
Andere EU-Länder wie Frankeich, Italien und Spanien haben diesen Irrsinn bereits erkannt und erschweren durch ihre Ablehnung, Eis als Flüssigkeit zu betrachten, die Arbeit der EU-Kommission hinsichtlich einer notwendigen Vereinheitlichung auf der Verpackung. Mit der Food Information to Consumers Regulation (FIR) wurden alle EU-Mitgliedsstaaten aufgefordert, zu der Frage, ob Eis nun in Gramm oder Millilitern ausgewiesen werden soll, abschließend Stellung zu nehmen.
Leider folgt die deutsche Regierung immer noch einer Übergangsregelung und meldet die gängige Liter-Praxis als vorläufig verbindlich. Sehr zum Nachteil der Verbraucher (und einer Handvoll Eishersteller). Die Regierung beruft sich dabei einfach auf die gängige Praxis der größten deutschen Eishersteller. Deren Hauptargument lautet: Eine Umstellung auf die Angabe in Kilogramm würde den Verbraucher verwirren, denn der Verbraucher habe seit Jahrzehnten beim Eis die Angabe in Milliliter „gelernt“. Ist das ein Argument?
Tatsache ist eher, dass über 80% der Konsumenten die Informationen auf Verpackungen bereits verwirrend finden und sich ein Drittel dringend bessere Informationen wünscht. Wir Lebensmittelhersteller sollten das sehr ernst nehmen.
Eine andere Vermutung drängt sich auf: die großen Eishersteller profitieren von der vorläufigen Regelung in Litern (Volumen). Die meisten Eishersteller, darunter auch die bekanntesten, pumpen ihre Eissorten mit bis zu 100 Prozent Luft auf. Das ist zwar legal, aber bei gleichen Verpackungseinheiten ist die Angabe von Millilitern (also Volumen) ein klarer Vorteil für die Hersteller von Luft-Eis: Der Kunde entscheidet sich für die preiswertere Packung, bekommt aber zur Hälfte eisgekühlte Luft.
Im Sinne der Transparenz wäre es wichtig, die Füllmenge in Gramm anzugeben. Wenn sich der Preis nach dem Gewicht richten würde, wüsste jeder Verbraucher, was er tatsächlich für sein Geld bekommt. Deshalb ist der Vorschlag, unseren Nachbarn zu folgen und auch in Deutschland das Eis künftig in Gramm auszuzeichnen, ein wichtiger Schritt gegen Wettbewerbsverzerrung hin zur offenen Verbraucherinformation.
An den Produktionsmethoden aller Eishersteller würde und müsste sich gar nichts ändern, doch die Deutschen als eine der führenden Eisschlecker-Nationen könnten auf der Basis von klaren Fakten frei entscheiden, ob sie Eis lieber essen oder inhalieren wollen.