Professor Nöhles Essensalltag
Na klar, wegen der Gelatine. Und warum wird Marmelade fest? Na, wegen des Pektins im Gelierzucker. Und womit dickt man Rote Grütze für Vegetarier an? Mit Agar-Agar.
Und wie stabilisiert man die schwebenden Gewürze im Italian Dressing? Mit Carrageen.
Und wie geht das mit der Schlagsahne? Mit Gummi Arabicum. Und wie stabilisiert man eine low fat Salatcreme? Mit Xanthan. Und Softeis? Mit Guarkernmehl. Oder auch mit Johannisbrotkernmehl. Und Soßen? Mit Traganth. Und gekochten Pudding? Mit Stärke. Und kaltgerührten Pudding? Mit modifizierter Stärke. Und so geht das jetzt bis übermorgen, denn wir sind mitten in der Lebensmitteltechnologie und in der Anwendung der Zusatzstoffe, genauer gesagt, der „Verdickungsmittel“.
Hört sich einfach oder auch kompliziert an, denn jeder dieser Stoffe hat ganz spezifische Eigenschaften und Anwendungsgebiete. Also, noch einmal von vorne.
Gelatine ist eigentlich kein Verdickungsmittel im Sinne eines Zusatzstoffes, sondern ein Lebensmittel. Sie wird gewonnen aus Schweineschwarten. Diese Gelatine ist relativ weich und wird für Süßspeisen, Gummibärchen und bestimmte Zuckerwaren verwendet. Gelatine aus Rinderspalthäuten dagegen ist hart und Sie kennen dieses Produkt aus Medikamentenkapseln oder auch von gekapselten Nahrungsergänzungsmitteln. Es handelt sich also um ein tierisches Produkt, welches durch Säurebehandlung aus Bindegewebe hergestellt wird. Und falls Sie lange nichts mehr von Oma gehört haben: sie köchelte Kalbsknochen stundenlang vor sich hin. Und was schwamm dann oben so glibbrig auf: richtig, die Gelatine, die Oma dann für andere Zwecke weiter benutzte. Wackelpudding wackelt also durch das aufgeschlossene Bindegewebe aus Schweineschwarten, genannt Gelatine.
Tja, aber Marmelade können Sie damit nicht andicken, denn die Fruchtsäuren der Früchte würden die Gelatine hydrolysieren, also auflösen, und Ihre Marmelade würde zu einer Art Fruchtsuppe.
Für Marmelade nehmen Sie besser Pektine, meist Apfel- oder Zitruspektin. Dieses wird aus den Schalen von Äpfeln und Zittrusfrüchten gewonnen und es handelt sich um pflanzliche Zellwandbestandteile in Form von Polysacchariden. Diese sind säurestabil.
Agar-Agar wird aus Rotalgen gewonnen, ist damit ein pflanzliches Polysaccharid, hat aber eine etwas andere Struktur und einen „Glibbereffekt“, den Sie von vielen asiatischen Speisen kennen.
Carrageen entstammt einer anderen Rotalgenart und wird alkalisch ausgekocht, es eignet sich besonders für wässrige Lösungen, in denen andere Stoffe in der Schwebe gehalten werden sollen, wie z.B. Kakaodrinks oder Salatsoßen mit schwebenden Blattgewürzen.
Gummi Arabicum ist der aufgeschlossene Pflanzensaft einer bestimmten Akazienart und ist nicht flüssig, sondern eher harzig-fest. Glänzende (Schoko-) Dragees sind oft mit Gummi Arabicum poliert.
Xanthan ist ein komplexes Kohlenhydrat, welches aus Bakterien der Gattung Xanthomonas aus Zuckern gewonnen wird. Es eignet sich besonders zum Andicken von wässrigen Lebensmitteln wie Ketchup. Auch in der Kosmetikindustrie wird es für Lotionen und Shampoos verwendet.
Guar- und Johannisbrotkernmehl werden aus den Samen der Guarpflanze und des Johannisbrotbaumes gewonnen und haben stärkeähnliche Eigenschaften und ein hohes Wasserbindevermögen.
Traganth schließlich ist der gummiartige ausgekochte Extrakt des Traganthstrauches und eignet sich für Produkte, die die Konsistenz eines dünnflüssigen Gelees erhalten sollen.
Na, und die Stärke kennen Sie aus der Kartoffel, dem Mais oder dem Weizen.
Zusammenfassung: Gelatine ist ein Lebensmittel und ein tierisches Produkt, ist in vielen Fleischerzeugnissen, Süßwaren (z.B. Gummibonbons und eben Wackelpudding) und Feinkosterzeugnissen enthalten und nichts für saure Lebensmittel und selbsterklärend nicht für strenge Vegetarier und Veganer.
Die anderen genannten Verdickungsmittel sind Zusatzstoffe mit E-Nummern, pflanzlichen Ursprungs mit ganz verschiedenen Eigenschaften und werden genutzt, um Lebensmitteln ganz bestimmte technologische Eigenschaften zu verleihen.
Also, beim nächsten Einkauf einmal scharf auf die Zutatenliste schauen, dort steht entweder als Zutat „Gelatine“ oder bei den anderen genannten Stoffen der Klassenname und der spezifische Name des Stoffes: „Verdickungsmittel XY“.
Die Produkte können Sie übrigens auch einzeln im gut sortierten Einzelhandel oder im Reformhaus kaufen und somit in Ihrer Küche ein wenig experimentieren.