Professor Nöhles Essensalltag
In den 90er Jahren kam aus Italien die Kaffeekultur zu uns. Wir lernten Begriffe und Getränke, die bei uns bis dato völlig unbekannt waren: Café Latte (traditioneller Kaffee mit nicht-geschäumter Milch), Latte Macchiato (mit Espresso gefleckte Milch), Espresso Macchiato (mit einer Haube aus Milchschaum gefleckter Espresso), Cappuccino (Espresso mit geschäumter Milch) und viele weitere. Heute bei uns völlig selbstverständlich.
Doch die Italiener können noch mehr aus Milch – z.B. Frischkäse, die bis Ende der 80er Jahre bei uns nicht vertreten waren, heute aber in jeder Küche anzutreffen sind.
Da ist zunächst der Mozzarella. „Mozza“ heißt nichts anderes als „Frischkäse“ und „rella“ ist die Verkleinerungsform in der italienischen Sprache – also ein „kleiner Frischkäse“. Ursprünglich wurde er aus reiner Büffelmilch hergestellt; heute – und insbesondere außerhalb von Italien – wird meist Kuhmilch verwendet. Wie beim ‚Körnigen Frischkäse’ wird die Milch zunächst dick gelegt, so dass das hauptsächliche Milcheiweis (Casein) der Milch ausflockt und dann die so entstandene Gallerte mit der Käseharfe in kleine Stücke geschnitten. Im Gegensatz zum körnigen Frischkäse lässt der Käsereimeister den Bruch jetzt etwas stehen, überbrüht ihn mit heißem Wasser und knetet ihn danach zu einem Käseteig, der dann einfach zu den bekannten Kugeln abgeschnitten wird. Fertig.
Bei der Käserei entsteht bekanntlich Molke. Doch die Molke ist nicht etwa einfach nur das „Wasser aus der Milch“, sondern sie enthält noch nahezu alle diejenigen Proteine, die beim Käsen nicht mit ausgefällt werden, nämlich die Albumine und die Globuline nebst Mineralstoffen aus der Milch. Die Molke wird natürlich nicht verworfen, sondern wurde früher an die Kälber verfüttert – oder es wurde Molkenkäse daraus hergestellt. Zu den bekanntesten zählt der italienische Ricotta.
Ricotta heißt nichts anderes als „mehrmals gekocht“. Denn die Albumine und Globuline sind beim „Brennen“ der Käsereimilch bei etwa 55 Grad Celsius ja nicht ausgefallen. Damit sie genau das tun, müssen sie nochmals gekocht werden = „re cota“. Dieser zweite Erhitzungsvorgang findet aber nicht bei 55 Grad Celsius statt, sondern bei 80 bis 90 Grad, zuweilen unter Zugabe von Zitronensäure. So fallen auch diese Proteine aus. Ein traditioneller Ricotta schmeckt also mehr oder minder „molkig“ mit Kochgeschmack (wie auch sonst) und hat eine sehr lockere, leicht zerfallende Struktur und wurde früher in Italien in Wachspapier verkauft und noch am selben Tag gegessen.
Heute wird für eine bessere Struktur wieder etwas Milch (also mit Caseinen) zugesetzt, das ganze zwecks besserer Proteinausbeute filtriert und in Bechern abgefüllt.
Und dann gibt es da noch den Mascarpone, den kennen Sie vom Dessert „Tiramisu“, einer Spezialität bestehend aus geschichteten Löffelbiskuits, die zwischen den Biskuits eine Lage Creme aus Mascarpone,
Eigelb und Eischnee enthält, oft noch leicht mit verschiedenen Likören alkoholisch aromatisiert und ganz am Schluss mit Kakaopulver bestreut wird. Der Mascarpone ist nichts anderes als ein Doppelrahm-Frischkäse, der aus mit Sahne aufgefetteter Milch durch Fällung mit Zitronensaft bzw. Genusssäuren bei 90 Grad Celsius unter beständigem Rühren hergestellt wird und am Ende mit 80% Fett in der Trockenmasse recht fettreich ist. Deswegen wird der Mascarpone auch eher als „Dessertkäse“ verwendet und nicht mit Brot gegessen.
So, jetzt haben wir’s. Wenn Sie bei Ihrem nächsten Italienurlaub in so einen winzig kleinen Pastaladen gehen, in dem die tollsten Teigtaschen im Holzfächer liegen, dann nehmen Sie beim nächsten Mal „Ravioli Ricotta e Spinaci“ – und Sie können einmal die italienische Handwerkskultur zum Thema Lebensmittel mit Fachwissen erschmecken.
Sollte Ihr Urlaub schon vorbei sein: Gibt’s auch bei uns im Kühlregal.