Professor Nöhles Essensalltag
Die Teetrinker unter Ihnen wissen natürlich schon, worum es geht: wenn es draußen ungemütlich wird, gibt es drinnen heißen Tee. Doch welchen?
Tee ist bekanntlich das verarbeitete Blatt der Pflanze Camellia sinensis. Werden die Blätter nach dem Pflücken nur kurz gedämpft und nicht fermentiert, so erhält man den Grünen Tee. In Japan geernteter und pulverisierter grüner Tee, heißt Matcha. Werden die Teeblätter jedoch gerollt und dadurch die Zellwände aufgebrochen und anschließend fermentiert, also durch die pflanzeneigenen Enzyme verändert und anschließend getrocknet, so erhält man den Schwarzen Tee. Wird das ganze jetzt noch geräuchert, so erhält man den Geräucherten Tee.
Doch vorher werden die Blätter noch gradiert, d.h. geordnet und für den Verbraucher gekennzeichnet nach folgenden Kriterien:
Pekoe bezeichnet das junge Blatt der Teepflanze und entstammt dem Chinesischen und heißt „weißer Flaum“ = P
Broken bedeutet, dass das Blatt gebrochen wurde – im Gegensatz zum ungebrochenen, ganzen Blatt = B
Orange stammt ab vom niederländischen „oranje“ und heißt nichts anderen als „königlich“, abgeleitet von einem königlich-holländischen Teehandelshaus = O
Flowery heißt eine einfache oder auch die unterste Sortierung = F
Golden bedeutet die zweite Sortierung = G
Tips oder Tippy sind die feinen ersten bzw. obersten Blattspitzen des Teestrauches = T
1st flush steht für die erste Ernte nach dem Austrieb im Frühjahr,
2nd flush steht dann für die zweite Ernte im Sommer.
Unser „FTGBOP 1st flush“ heißt also Finest Tippy Golden Broken Orange Pekoe 1st flush und dabei handelt es sich folglich um die allererste Ernte der feinsten Spitzen und danach gebrochenen und fermentierten Teeblätter. Also so ziemlich die edelste Variante der Teeernte.
Doch es gibt auch noch etwas anderes. In den Teebeutel kommen die Fannings, das sind ca. 1mm große Teepartikel, die bei der Teeherstellung anfallen = F. Der „Teestaub“, der bei der Produktion anfällt, also die kleinsten Teile, heißen Dust, und werden bei uns eher nicht verkauft = D. Und dann gibt es da noch den Einwurf, das sind verholzte Teile der Teepflanze, die bei uns ebenso nicht in den Verkehr gelangen.
Auf den Teekisten aus Indien und Ceylon finden Sie immer diese großen Stempel: GFOP, TGFOP oder auch FTGFOP1 – jetzt wissen Sie, was diese Zeichen bedeuten.
Übrigens:
- In China wird nur grüner Tee aus ganzen Blättern lauwarm getrunken. Wenn Sie einmal chinesische Gäste haben, bieten Sie denen bloß nicht unseren fermentierten schwarzen Tee an… ein Graus für jeden Chinesen.
- In Japan wird der Tee grün und gemahlen getrunken.
Wenn Sie in Japan sind und zu einer echten Teezeremonie eingeladen werden, achten Sie auf die absolute Körperbeherrschung der Dame, die den Tee für Sie zubereitet. Und loben Sie um Himmels willen die Schönheit der historischen Teeschalen und sprechen Sie über nichts anderes als über das, was Sie im Teehaus sehen können – sonst war es das letzte Mal, dass Sie eingeladen wurden.
- In Indien, Europa und Nordamerika wird der Tee fermentiert und heiß aufgebrüht.
- Die bekanntesten Teeanbaugebiete sind Darjeeling im Nordosten Indiens an der nepalesischen Grenze, dort wird Camellia sinensis angebaut. Eine etwas andere Pflanze im Norden Indiens, nämlich Camellia assamica liefert den Assam-Tee.
- Earl Grey ist nichts anderes als ein fermentierter Tee, der mit Bergamotte-Öl aromatisiert ist.
- Jasmintee ist ein chinesischer, grüner Tee, der mit Jasminblüten versetzt ist.
- Ein Souchong ist ein einfacher Tee bestehend aus dem 4. Bis 6. Blatt.
- Ein Oolong ist ein halbfermentierter Tee.
- Gunpowder sind zu kleinen Kügelchen gerollte, unfermentierte Teeblätter, also grüner Tee.
- Ziegeltee ist in Form von Ziegeln gepresster Tee und ließ sich früher wegen seiner Dichte gut transportieren.
- Ostfriesentee ist nicht etwa eine Teesorte, sondern meist eine Mischung aus kräftigen Assam- und Ceylon-Tees, meist ein BOP (Broken Orange Pekoe).
- Kräutertee und Früchtetee sind keine Tees, weil sie ja keine Teeblätter enthalten, sondern ein Aufgussgetränk aus der jeweiligen benannten Pflanze, z.B. Pfefferminztee.
- Auch Roibusch oder Rooisbos ist kein Tee, sondern ein Aufgussgetränk aus der Pflanze Aspalathus linearis, die in Südafrika wächst. Der Name ist Afrikaans.
- Tee enthält übrigens das gleiche anregende Alkaloid wie Kaffee, nämlich das Coffein, im Tee auch Teein gennant. Im Kaffee ist das Koffein an ein Chlorogensäurekomplex gebunden, aus dem es bei Kontakt mit der Magensäure sofort frei gesetzt wird. Daher regt Kaffee sofort an. Im Tee ist das Coffein aber an Polyphenole gebunden, wird erst im Darm frei gesetzt und wirkt somit „zeitlich versetzt“.
- Das Land mit der größten Teeerzeugung und dem größten Export ist China.
- Das Land mit dem höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Tee aber ist Kuwait.
Und wenn Sie endlich einmal Ihren Lebenstraum wahr machen und als Backpacker die Nordroute durch Indien nehmen und vom heißen Ganges emotional völlig demoralisiert in die angenehm luftigen Höhen von Westbengalen nach Darjeeling kommen, neuen Lebensmut schöpfen und glauben, dort vor Ort den besten FTGBOP 1st flush der Welt trinken zu können, dann haben Sie sich aber gründlich geirrt. Der wächst zwar dort tatsächlich, geht aber komplett in den Export.
Und wo können Sie den dann kaufen? Na, wo wohl, in Deutschland natürlich, im gut sortierten Teegeschäft!