Professor Nöhles Essensalltag
Im Herbst ziehen alle Schweine in den Wald und suchen die Trüffel – damit Sie beim Italiener endlich wieder „Tagliatelle tartufo“ essen können. Na ja, so ungefähr läuft es jedenfalls im Film.
Trüffel gehören zu den „echten Schlauchpilzen“ der Ordnung Tuberales und darunter gesellen sich die Speisetrüffel der Familie Tuberacea. Doch diese Pilze haben gegenüber den uns bekannten Speisepilzen eine merkwürdige Eigenart: sie wachsen vollständig unter der Erde, ohne Sonnenlicht. Doch wie ernähren und wie vermehren sie sich dann? Antwort: sie leben in Symbiose mit den Haarwurzeln von Bäumen, die ihnen die notwendigen Mineralstoffe und Photosyntheseprodukte über das Wurzelwerk zur Verfügung stellen. Aber nicht überall, sondern nur dort, wo der Waldboden alkalisch und gut belüftet ist. Das ist eher selten und kommt in einem Streifen zwischen Mittelitalien (Umbrien, Piemont) und dem südlichen Frankreich (Perigord) vor, denn meist ist Waldboden bekanntlich sauer. Hier gedeihen sie in 20 bis 40 cm Tiefe zwischen den Baumwurzeln.
Und wie findet man Trüffel?
Als Mensch eher gar nicht, es sei denn, Sie graben den ganzen Wald um. Wohl aber als Schwein, denn die Pilze verströmen den Duftstoff Androstenon. Das ist der gleiche Stoff, den auch Eber bzw. Keiler (also die männlichen Wildschweine) als Sexuallockstoff ausscheiden. Die Folge: weibliche Wildschweine (und nur die) buddeln die Trüffel aus und fressen sie auf. Ein Hochgenuss.
Pilze vermehren sich bekanntlich über Sporen, die für die sie fressenden Tiere aber unverdaulich sind und folglich wieder ausgeschieden werden… und so vermehren sich dann die Trüffel im Wald. Eine ziemlich spezialisierte Spezies, diese Trüffel.
Irgendwann erkannte der Mensch den Trick mit dem weiblichen Wildschwein und dem Androstenon und nahm sich ein weibliches geschlechtsreifes Hausschwein, also eine Sau, und ließ sie die Trüffel ausbuddeln – genau das sehen sie regelmäßig in diesen schönen südfranzösischen Filmen im Herbst. Das Problem: Die Sau gibt die gefundenen Trüffel nicht mehr her, sondern frisst sie einfach auf. So dressierte der Mensch Hunde für diesen Zweck. Deren Nase ist zwar für Androstenon nicht ganz so empfindlich, aber der Hund rückt die Trüffel wieder heraus.
Chinesische Trüffel beim Italiener
Das ganze macht die Trüffel auch so teuer, denn es ist bisher noch nicht gelungen, Trüffel ähnlich wie Champignons zu züchten. Sie können zwar ein „Trüffelbäumchen“ (meist eine kleine Eiche) in Ihrem Garten auf dem richtigen Boden bei ständiger Belüftung des Bodens pflanzen und den Boden mit Trüffelsporen impfen, aber Sie brauchen eben immer die Symbiose aus Baum und Pilz. Mit der Spore allein und dem alkalischen Boden werden Sie nicht erfolgreich sein.
So kostet denn auch ein Kilogramm echte ‚Perigord Trüffel’ (Tuber melanosporum) mindestens 1.000 EUR.
Für ein Kilogramm der weißen ‚Alba Trüffel’ (Tuber magnatum) sind Sie mit 3.000 EUR dabei. Weniger geschmacksintensive Spezies wie ‚Sommertrüffel’ (Tuber aestivum) und ‚Burgundertrüffel’ (Tuber uncinatum) erhalten Sie schon für rund 300 EUR pro Kilogramm.
Die Trüffel werden mit einem Trüffelhobel (ähnlich einem Parmesanhobel) in hauchdünne Scheiben gehobelt (Sie müssen fast hindurch sehen können!) und dann meist unter Rührei gehoben oder der Pasta ganz zum Schluss beigegeben. Die Trüffel nicht mit braten oder kochen, sonst verfliegt das Aroma. Eine absolute Köstlichkeit.
Doch halt, die „Tagliatelle tartufo“ beim Italiener kosten doch nur 12,50 EUR pro Teller – wie passt das mit einem Trüffelpreis von 300 bis 3.000 EUR zusammen? Na ja, es gibt da noch eine Spezies einer schwarzen Trüffel, die der Perigord-Trüffel sehr ähnlich sieht, aber nicht ganz so intensiv schmeckt: die ‚Tuber indicum’, die kommt aus China und kostet nur 50 EUR pro kg.
Und wenn Sie sich die echten Trüffel nicht leisten wollen oder nicht mögen, dann sehen Sie einmal ganz am Ende der Speisenkarte Ihres Italieners nach, dort steht „Gelato tartufo“. Das aber ist eine unregelmäßig geformte Kugel Vanilleeis, die in Kakaopulver gewälzt ist und dann fast so aussieht, wie eine schwarze Trüffel, schmeckt auch gut.
Ob übrigens Frauen Trüffel wegen des Androstenons eher mögen als Männer, ist noch nicht erforscht – probieren Sie es einfach einmal aus.