Professor Nöhles Essensalltag
Unaufhaltsam wird das Wetter immer besser und Ihr Grill will von der Garage endlich in den Garten und loslegen. Same procedure as last year? Nein, nicht ganz. Dass Sie das Fett der zu grillenden Speisen nicht auf die glühend heiße Holzkohle tropfen lassen sollen, weil dadurch allerlei unerwünschte Stoffe entstehen, die sich dann auf dem Grillgut niederschlagen, haben Sie schon immer gewusst. Auch, dass aus diesem Grunde ein vertikaler Gas-Grill besser ist als ein horizontaler Holzkohlegrill, ist Ihnen sonnenklar. Dass Sie das Grillgut mittels Alufolie vor mittelalterlichen Angriffen der aufsteigenden Kohlenwasserstoffe schützen können, ist bei Ihnen auch schon abgehakt.
Aber als richtig guter Grillmeister haben Sie noch etwas mehr zu beachten: die Küchenhygiene und die Mikrobiologie in Ihrer samstag-nachmittäglich-schönwetter-Bierlaune. Nicht umsonst betont der Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), Herr Prof. Hensel, bei jeder Gelegenheit sinngemäß, wenn es um bedrohliche Lebensrisiken geht: „Einer der gefährlichsten Orte auf diesem Planeten ist Ihre heimische Küche – und dort meist der Wischlappen“.
Was meint er damit? Frisches Fleisch und ebenso mariniertes Grillgut sind bekanntlich nicht steril. Insbesondere Frischgeflügel enthält häufig pathogene Mikroorganismen wie Salmonellen. Das an sich ist noch keine Bedrohung, denn der bestimmungsgemäße Gebrauch dieser Produkte liegt ja nicht darin, roh verzehrt zu werden, sondern erhitzt. Durch den Erhitzungsvorgang auf eine Kerntemperatur von mindestens 70 Grad Celsius über mindestens zwei Minuten werden die pathogenen Mikroorganismen sicher abgetötet. So weit so gut, no Problem.
Aber wie sieht es denn in Ihrer Küche bzw. besser gesagt an Ihrem „bierlastigen“ Grillplatz so gegen 21:35 Uhr aus? Schlachtfeld oder meeting point der Kreuzkontaminanten? Daher wollen Sie bitte folgende „grill regulations“ zur Kenntnis nehmen:
- Salate, Fisch und Fleisch werden an jeweils vollständig getrennten Arbeitsplätzen zubereitet, denn sonst landet der Keim vom Fleisch (der eigentlich beim Grillen abgetötet werden würde) mir nichts dir nichts im Salat und vermehrt sich dort prächtig, denn Sie erhitzen den Salat ja nicht.
- Insbesondere Abtauwasser von Fleisch und Fisch muss vollständig und ohne über die gesamte Küchenarbeitsfläche verteilt zu werden, sofort und vollständig und separat entsorgt werden.
- Wischlappen aller Art (durch eben genau die Keime gleichmäßig in Ihrer gesamten Küche flächendeckend verteilt werden) sind durch Einmal-Papiertücher zu ersetzen – und darüber wird jetzt bitteschön nicht diskutiert!
- Grillgut nicht komplett um 15:00 Uhr aus dem Kühlschrank holen und bis 22:00 Uhr bei 27 Grad Celsius abarbeiten, sondern nach Bedarf schrittweise – so wie es sich für einen anständigen Supply Chain Manager gehört – just in time.
- Ein Vermehrungszyklus der Salmonellen bei 37 Grad Celsius dauert übrigens genau 20 Minuten, d.h. alle 20 Minuten verdoppelt sich die Anzahl dieser Keime. Sie können Dreisatz?
- Aus diesem Grunde wird das am Samstag bis 23:00 Uhr nicht aufgebrauchte Grillgut auch nicht wieder in den Kühlschrank gepackt und am nächsten Sonntag nachgegrillt. Besser ist es, stets nur die Lebensmittel herauszuholen, die tatsächlich verbraucht werden.
- Das Grillgeschirr roh/gegrillt haben Sie doppelt und halten es getrennt, d.h. mit der einen Zange das rohe Grillgut anfassen und auflegen, mit der anderen das fertige Grillgut ablegen, sonst kontaminieren Sie Ihre Fertigware wieder mit rohem Fleischsaft; das Gleiche gilt auch für die Teller. Das Salatbesteck halten Sie ebenso vollständig getrennt.
So, und zum Schluss gibt es noch einen überlebenswichtigen Tipp. Rohes gewolftes Fleisch, auch Gehacktes genannt, gehört never ever nach draußen und auch nicht bei „ungelenkten Gartengroßveranstaltungen“ auf den Grill. Durch das Wolfen wird die Oberfläche des Fleisches so stark vergrößert, dass das Fleisch eine ideale Oberfläche für eine Keimvermehrung bietet. Und dann noch draußen gelagert, und dann noch bei 25 Grad Celsius über mehrere Stunden, und dann können Sie noch nicht einmal sicherstellen, dass Sie die erforderliche Kerntemperatur von 70 Grad Celsius erreichen. Außen ist ihr Burger schon schön dunkel und innen noch halb roh, don’t do it!
Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass es an den mobilen Verkaufsständen mit Fleisch auf den Wochenmärkten alles Mögliche gibt, aber definitiv kein Gehacktes? Das ist nämlich gemäß der „Tierischen Lebensmittelhygieneverordnung“ definitiv verboten – jetzt wissen Sie endlich, warum.
Sehen Sie zum Abschluss ein Video vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) mit nützlichen Tipps zur Küchenhygiene.
oder einfach Sojawürstchen und Sellerieschnitzel grillen. Da kann man rumsauen wie man will.