Professor Nöhles Essensalltag
Im Frühling und insbesondere im Mai wird gerne gefeiert. Hochzeiten, Jubiläen und alles, was gesagt werden muss, wird dann gerne mit einem Sekt begossen. Nein, Sie erinnern sich, war es nicht Prosecco? Oder doch besser Champagner? Auf jeden Fall war er kalt, perlte und schmeckte wie ein guter Weißwein? Doch was genau haben Sie da getrunken?
Diese Produkte sind zunächst einmal alle Schaumweine. Das sind weinhaltige Getränke mit mindestens 9,5% Alkohol und mit Kohlensäure unter einem Druck von mindestens 3 bar. Deshalb sind die Schaumweinflaschen auch immer so dickwandig, andernfalls würde die Flasche platzen.
Wird die Kohlensäure dem Schaumwein separat zugesetzt, so steht auf dem Etikett „Schaumwein mit zugesetzter Kohlensäure“, das wäre so etwas wie die niedrigste Anforderungsstufe.
Wird die Kohlensäure aber aus der Gärhefe und ‚zugesetztem Zucker in Wein’ erzeugt und verbleibt quasi am Ursprung der Entstehung unter Druck im Gefäß der Erzeugung und enthält dabei mindestens 10% Alkohol, so haben wir es mit einem „Qualitätsschaumwein“ zu tun.
Entstammen der Grundwein und der zwecks Vergärung mit Zucker versetzte Wein demselben Anbaugebiet und dauert die Gärung im Großbehälter mindestens 6 Monate bzw. in der Flasche mindestens 9 Monate, so darf sich dieser Qualitätsschaumwein jetzt Sekt nennen.
Die Hefe vergärt den Zucker nahezu vollständig, so dass das Getränk sehr herb schmecken würde. Sekt ohne weitere, nach abgeschlossener Gärung zugesetzte „Versanddosage“ (einem Gemisch aus Zucker und Wein) trägt den Zusatz naturherb und schmeckt wirklich gewöhnungsbedürftig herb. Meist wird etwas ‚Zucker in Wein’ zugesetzt, der zu folgenden Restzuckermengen und daraus abgeleiteten Bezeichnungen führt:
- extra herb (extra brut) 0 – 6 g Zucker/l
- herb (brut) weniger als 12 g Zucker/l
- extra trocken (extra dry) 12 – 17 g Zucker/l
- trocken (dry, sec) 17 – 32 g Zucker/l
- halbtrocken (medium dry, demi sec) 32 – 50 g Zucker/l
- mild (süß, doux) mehr als 50 g Zucker/l
Entstammt der Wein, der für die Sektherstellung verwendet wird, zu mindestens 85% einem bestimmten Jahrgang, so darf er sich Jahrgangssekt nennen.
Ein Cremant ist ein Qualitätsschaumwein von handgeernteten Trauben, der in Flaschengärung hergestellt wurde.
Und wenn Sie sich als Nicht-Sektkellerei einen Sekt kaufen, Ihr eigenes Etikett entwerfen und auf die Flasche kleben und weiter verkaufen, dann müssen Sie das ganze Hausmarke nennen, die gibt’s meist in bestimmten Etablissements.
Die Flaschengrößen sind natürlich auch reguliert und mit schönen Namen versehen, falls Sie einmal etwas Größeres zu feiern haben:
- Piccolo (0,2 l)
- Demi oder Filette (0,375 l)
- Imperial (0,75 l)
- Magnum (1,5 l)
- Jeroboam (3 l)
- Rehoboam (4,5 l)
- Methusalem (6 l)
- Salmanassar (9 l)
- Balthasar (12 l)
- Nebukadnezar (15 l)
- Melchior oder Goliath (18 l)
- Sovereign (25,5 l)
- Primat (27 l)
- Melchisedech (30 l)
Champagner darf sich der Schaumwein nur dann nennen, wenn er aus dem französischen Weinanbaugebiet la Champagne entstammt und nach den dortigen Regeln hergestellt wird.
Prosecco ist eine geschützte Herkunftsbezeichnung italienischer Schaumweine, die aus Glera-Trauben aus den Provinzen Belluno, Gorizia, Padova, Pordenone, Treviso, Triest, Udine, Venetien und Vicenza hergestellt und auch vor Ort in Flaschen abgefüllt werden muss. Zu unterscheiden ist der Prosecco Spumante, der ungefähr unserem deutschen Sekt aus Tankgärung entspricht. Dann haben Sie bei Ihrem Italiener vielleicht schon einmal einen Prosecco Frizzante probiert, doch das ist kein Schaumwein mit 3 Bar Druck, sondern ein Perlwein mit nur 1,5 bar zugesetzter Kohlensäure, die nicht einer Gärung entstammt.
Finden Sie jetzt noch den Zusatz „DOC“ (Denominazione di origine controllata) auf dem Etikett, so stammt der Prosecco aus Venetien und Friaul-Julisch Venetien. Lesen Sie aber ein „DOCG“ (Denominazione di Origine Controllata e Garantita) so handelt es sich meist um einen Prosecco di Conegliano Valdobbiadene oder um einen Colli Asolani-Prosecco als besondere herkunftsbezogene Angaben.So, bevor es Ihnen jetzt ganz schwindelig wird vor lauter Bezeichnungen, trinken Sie erst mal einen.
Und das Wichtigste kommt zum Schluss: Weil Schaumweine so ein beliebtes Getränk sind, fanden auch die Finanzminister Gefallen an diesem Getränk. Im Jahre 1902 erfand der damalige Reichstag die „Schaumweinsteuer“ zwecks Finanzierung der kaiserlichen Flotte. Die Flotte ist inzwischen „abgesoffen“, aber diese Steuer gibt es noch heute mit 1,02 EUR/ 0,75 l-Flasche. Das ergab im Jahre 2013 rund 449 Mio EUR Steueraufkommen in Deutschland nur aus diesem einen Getränk. Tja, so sind sie, unsere Politiker.