Im fünften Teil unserer Filmreihe „EAT IT“ befasst sich Herr Professor Nöhle mit verschiedenen Verfahren zur Haltbarmachung von Milch.
https://www.youtube.com/watch?v=z0H4nehtYvM
Nachfolgend können Sie sich weitere Filme unserer Reihe anschauen:
Teil 1: Abnehmen – mit Diät oder Köpfchen?
Teil 2: Braune, weiße, grüne Eier – wie geht das denn?
Teil 3: Marmelade, Konfitüre, Fruchtaufstrich – was ist eigentlich der Unterschied?
Teil 4: Vegetarische und vegane Wurst – geht das eigentlich?
Teil 7: Ein Roggenbrötchen mit Weizenmehl – darf das sein?
Teil 8: Frische Lebensmittel ohne Kühlung – geht das?
Teil 9: Was ist eigentlich genau in unseren Wasserflaschen drin?
Teil 10: Enthält Bitterschokolade tatsächlich weniger Zucker?
Den Artikel zum obigen Video können Sie im folgenden gerne in Professor Nöhles Essensalltag nachlesen.
Professor Nöhles Essensalltag
Es passierte im Jahre 2009. Eine neue Milch wurde geboren, die ESL-Milch.
Diese Milch zeichnete sich dadurch aus, dass sie sich nicht wie die bekannten Frischmilchen nur acht bis zehn Tage unter Kühlung frisch hielt, sondern rund 21 Tage. Die Buchstaben „ESL“ stellen auch keine Abkürzung für „Esel“ dar, sondern für „extended shelf life“, also „verlängerte Haltbarkeit“. Gekennzeichnet war und wird diese Milch auf der Vorderseite der Packung mit einem Hinweis wie „länger haltbar“ oder auch „länger frisch“. Eigentlich eine gute Sache, wenn sich Frischmilch drei Wochen hält, das kommt den Verbrauchern, insbesondere den Single-Haushalten, sehr entgegen.
Doch zunächst weit gefehlt.
Im Internet entstanden in Windeseile jede Menge Blogs, die berichteten, dass diese Milch ja gar nicht gut sein kann, denn „was gar nicht verdirbt, muss ja konserviert sein“.
Schon wieder weit gefehlt.
Was genau ist also ESL-Milch?
Der Molkereimeister unterscheidet zunächst einmal pasteurisierte Milch = Frischmilch und ultrahocherhitzte Milch = H-Milch (ja, Sie lesen richtig, das „H“ von der H-Milch kommt nicht etwa von „homogenisiert“, sondern von „ultrahocherhitzt“). Bei der Pasteurisierung unterscheidet der Meister zwischen drei Verfahren,
a) der Dauererhitzung (62-65 Grad C für 30 Minuten)
b) der Kurzzeiterhitzung (72-74 Grad C für 30 Sekunden)
c) der Hocherhitzung (85-95 Grad C für wenige Sekunden).
Die allen bekannte Frischmilch nach traditioneller Herstellart ist die Variante b).
Doch die Welt entwickelt sich weiter. Bei einer modifizierten Erhitzung nach Variante c), beginnend mit 85 Grad und endend bei 127 Grad für 1 bis 3 Sekunden mit sofortiger Rückkühlung, werden die in der Milch natürlich vorkommenden Keime weitgehend abgetötet. Eine andere Methode, die verderbniserregenden Keime weitgehend zu entfernen, ist die Mikrofiltration: hier wird die entrahmte Milch durch eine keramische Membran mit kleinsten Poren gedrückt, durch die die Milch, nicht aber die Keime passen. Das Ergebnis in beiden Fällen: eine frische Milch ohne Konservierungsstoffe und mit weniger Keimen, die sich – sauber abgepackt und ungeöffnet – länger hält, nämlich besagte 21 Tage – die ESL-Milch !
Aber nicht alle Keime werden bei dieser Methode entfernt, deshalb hält sich diese ESL-Milch auch „nur“ drei Wochen. Will der Verbraucher eine Milch mit noch längerer Haltbarkeit, so findet er im Regal die H-Milch. Diese wird auf 135 bis 150 Grad für ein bis drei Sekunden erhitzt. Sämtliche lebenden Keime und auch die Überdauerungsformen mancher Keime, die Sporen, werden bei diesem Verfahren abgetötet. Aseptisch (also keimfrei) abgepackt, hält sich diese Milch drei Monate ohne Kühlung.
Also merke:
• Pasteurisierte Frischmilch „traditionell hergestellt“: Zehn Tage gekühlt ungeöffnet haltbar
• ESL-Frischmilch „länger frisch“: 21 Tage gekühlt ungeöffnet haltbar
• H-Milch: Drei Monate ungekühlt ungeöffnet haltbar
Ganz schön kompliziert die Sache mit der Milch, aber zum Glück gibt es ja Molkereimeister und Verfahrenstechniker, die wissen, wie es geht.
Aber zurück zum Blog des Jahres 2009, in dem diese Eselsmilch, äh, diese ESL-Milch nun zerrissen wurde. Wie sieht es heute, fünf Jahre danach aus? Ein Blick ins Kühlregal offenbart: es gibt kaum noch die Frischmilch „traditionell hergestellt“, rund 80 Prozent der Frischmilchen tragen inzwischen den Hinweis „länger frisch“, sind also „ESL“!
Was lernen wir daraus? Der Verbraucher möchte bei Milch Frische und lange Haltbarkeit. Und wenn die Lebensmittelwirtschaft genau das anbietet, dann kauft er das auch noch – egal, welche Unkenrufe es vorher gab. Der Verbraucher kann nämlich selbst entscheiden und das ist auch gut so.
Habe in meiner Kindheit nur Rohmilch vom nicht zertifizierten Bauern um die Ecke getrunken und habe keinerlei Allergien. Der Hygienewahn macht doch nur krank. Auch guter Käse kann nur aus Rohmilch hergestellt werden. Habe noch nie gehört, dass in Frankreich und der Schweiz mehr Menschen wegen Rohmilcherzeugnissen krank werden. Unsere Kinder haben auch keine Allergien. In Wirklichkeit raffinieren, zertifizieren und desinfizieren wir uns krank.
Hallo, Frau Lehmann,
ich fürchte, die Wissenschaft spricht eine völlig andere Sprache zum Thema Rohmilch. Die Anzahl von durch Rohmilch-Verzehr hervor gerufenen Erkrankungen, insbesondere durch Campylobacter, ist in den vergangenen Jahren angestiegen.
Lesen Sie dazu doch einmal die Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) hier:
http://www.bfr.bund.de/cm/343/rohmilch-abkochen-schuetzt-vor-infektionen-mit-campylobacter.pdf
Weitere fermentierte Milcherzeugnisse aus Rohmilch herzustellen, birgt noch größere Gefahren, weil Sie dann zwangsläufig die krankmachenden Keime in der Rohmilch auch noch vermehren. Allein in 2015 gab es 18 öffentliche Rückrufe wegen Listerien in französischem Rohmilchkäse – nachzulesen im Jahresbericht des europäischen Schnellwarnsystems RASFF (Rapid Alert System for Food and Feed) hier: http://ec.europa.eu/food/safety/docs/rasff_annual_report_2015.pdf.
Dann bitte „Vorzugsmilch“ nicht mit „Rohmilch vom Bauern“ verwechseln. Vorzugsmilch ist zwar auch roh, sie wird aber unter besonderer Beaufsichtigung der Überwachungsbehörden in dafür extra zugelassenen Betrieben hergestellt, das Risiko ist also „gelenkt“. Rohmilch vom Bauern, die an Verbraucher abgegeben wird, ist überhaupt nicht gelenkt.
Lesen Sie dazu bitte die durchaus dramatischen Empfehlungen des BfR im folgen Fragen & Antworten – Katalog:
http://www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zum_verzehr_von_rohmilch-197200.html#topic_197204.
Ich rate dringend vom Verzehr von nicht abgekochter Rohmilch ab. Das Herstellen von fermentierten Milcherzeugnissen aus nicht abgekochter Rohmilch unter mikrobiologisch ungelenkten Herstellbedingungen (also ohne die Möglichkeit, den Prozess durch qualitätssichernde Massnahmen wie mikrobiologische Analysen zu begleiten), ist gefährlich.
Vorzugsmilch im Supermarkt ? Fehlanzeige ! Wer richtige frische Milch trinken will muss zu einem Bauern fahren . So wie wir. Wir trinken seit 1998 Rohmilch roh. Die Milch hält auch im Sommer mindestens fünf Tage, wenn die Flaschen keimfrei sind und eine Kühltasche beim Transport verwendet wird. Wir stellen Dickmilch und Joghurt selbst her. Demnächst auch Butter , Quark und Molke, wir haben uns eine russische Haushaltszentrifuge bestellt. Denn diese tot gekochte weiße Farbe namens „Frischmilch“ macht uns Unverträglichkeiten. Gott sei dank gibt es Rohmlichkäse. Diese Erhitzerei ist völliger Quatsch, es gibt die Sterilfiltration und es gibt das Hochdruckverfahren für Hygienefanatiker. Aber nein, das wird trotzdem heiss gemacht oder abgekocht. Ohne die Kocherei würde es auch Energie sparen Frisch ist meiner Meinung nach frisch und eben nicht abgekocht. Und diese komischen Blecheimer benutzt heute auch kaum noch ein Bauer, höchstens als Blumenvase.