Professor Nöhles Essensalltag
Sicherlich haben Sie eine derartige Zeile beim Surfen im Internet auch schon einmal gelesen. Oder „7 Lebensmittel, die Sie nicht mehr kaufen sollten“ und ähnliche Titel. Als Lebensmittelinteressierter klicken Sie diese Seiten natürlich sofort an und was lesen Sie? Nichts!
Ja, so ist es. Sie lesen allenfalls, dass irgendein Lebensmittel vielleicht zu viel Fett hätte oder ein anderes angeblich zu viel Salz, doch das war Ihnen alles schon bekannt und ist eigentlich nicht mehr berichtenswert. Absolut keine valide Information. Und weiterhin sehr merkwürdig ist – alle paar Zeilen ist der Text unterbrochen durch irgendeine seltsame „Reklame“. Sie müssen erst mühsam nach unten scrollen, um weiter im Text lesen zu können. Am Ende landen Sie vielleicht bei einer Abnehm-Diät, deren Zutaten Sie im Internet bestellen können.
Wenn Sie von Ihrem Mobiltelefon aus auf diese Seite gehen und den Text mit den Lebensmitteln anklicken, kann es auch sein, dass Sie sich mitten auf einer Bestell-App wiederfinden. Doch es wird noch merkwürdiger. Rechts am Rand sehen Sie plötzlich eine Frage wie „Hotel in XY gesucht?“ Und dort steht dann genau der Ort, für den Sie letztens doch tatsächlich ein Hotel gesucht und/oder gebucht haben. Und plötzlich poppt ein Fenster auf mit „Akku-Bohrschrauber“ – ja, genau, diesen haben Sie doch letztens gesucht!
Was ist hier los? Und was hat das ganze mit Lebensmitteln zu tun?
Ganz einfach, mit Lebensmitteln hat das eher gar nichts zu tun, Sie sind nur auf einer Art „elektronischer Litfaßsäule“ gelandet. Im Jahre 1854 wurde dem Berliner Drucker Ernst Theodor Amandus Litfaß das Recht verliehen, in Berlin auf senkrecht stehenden Hohlzylindern „Reklame“ nebst amtlichen Mitteilungen anzubringen. Rund 50.000 Litfaßsäulen gibt es heute noch in Deutschland. Doch die Kommunikationsmittel verändern sich. Das Internet hat die gute alte Litfaßsäule schon lange überholt – aber natürlich vernetzt.
Wenn Sie im Internet surfen, hinterlassen Sie Ihren „elektronischen Fußabdruck“ in Form Ihrer IP-Adresse. So genannte Cookies in Verbindung mit Google Analytics merken sich, auf welchen Internetseiten Sie sich wie lange welche Dinge angesehen haben und verkaufen diese Daten an Werbetreibende.
Viele Internetseiten informieren Sie inzwischen, dass Sie Cookies verwenden und fordern Sie auf, Ihr Einverständnis zum Speichern oder Weitergeben zu erteilen. Anderen Seiten sagen einfach „Wenn Sie diese Seite weiterbenutzen, geben Sie automatisch Ihr Einverständnis“. Und so kommt es, dass Sie als an Lebensmitteln Interessierter mit der Überschrift „Diese Lebensmittel sollten Sie nicht kaufen“ plötzlich auf einer Seite landen, die Ihnen etwas verkaufen will, für dass Sie sich tatsächlich interessieren, aber nicht notwendigerweise Lebensmittel, sondern gerne auch Bohrschrauber. Also eine Art Litfaßsäule 2.0, aber mit vertiefter Kenntnis des Lesenden und seiner Bedürfnisse, die er mehr oder minder freiwillig im Netz hinterlassen hat.
So dient Ihr Interesse an Lebensmitteln offensichtlich als guter Lockvogel für völlig andere Themen.
Sehr geehrter Herr Prof. Nöhle,
Ihren Beitrag würde ich gern als Gastkommentar im Fruchthandel Magazin abdrucken.
Unsere international ausgerichtete wöchentliche Fachzeitschrift befasst sich mit der kompletten Wertschöpfungskette des weltweiten Handels mit frischem Obst, Gemüse, Kartoffeln, Pilzen, Nüssen und Trockenfrüchten. Ich bitte um zeitnahe Antwort an die angegebene E-Mail-Adresse! Danke!! G.B.