Im achten Teil der zweiten Staffel unserer EAT IT-Filmreihe dreht sich alles um das Thema ‚Mehl‘.
https://www.youtube.com/watch?v=WTx74XwVzUk
Den Artikel zum obigen Video können Sie gerne nachfolgend in Professor Nöhles Essensalltag nachlesen.
Teil 1 der neuen Staffel: Nährwerttabelle – Zucker versteck‘ Dich?
Teil 2 der neuen Staffel: Das Loch in der Ananas
Teil 3 der neuen Staffel: Mein Haus, mein Auto, mein Gluten …
Teil 4 der neuen Staffel: Geheime Mystik um den Barcode
Teil 5 der neuen Staffel: Was macht unsere Lebensmittel eigentlich so lange haltbar?
Teil 6 der neuen Staffel: Im Land der tausend Biere
Teil 7 der neuen Staffel: Hypertonisch – hypotonisch – isotonisch?!
Sämtliche Folgen beider Staffeln können Sie sich hier ansehen.
Professor Nöhles Essensalltag
Sie kennen den 405er Peugeot? Na klar, ein ziemlich erfolgreicher französischer Mittelklassewagen, von 1987 bis 1996 in Frankreich gebaut. Die Bezeichnung „405“ ist nichts anderes als die Baureihe; es gab auch noch die Typen 205, 305, 505 und den 605er.
Falls Sie doch noch einen 405er kaufen möchten: im Iran läuft er noch frisch vom Band.
So, und was bedeutet jetzt 405er Mehl? Aha, wieder auf dem falschen Fuß erwischt.
Hier bedeutet die Zahl 405 tatsächlich auch so etwas wie die „Baureihe“ des Mehls, es ist der Aschegehalt des Mehls, ausgedrückt in Milligramm pro 100 g, auch „Mehl-Type“ genannt. Diese steht vorne auf der Verpackung. Mehl der Type 405 hat also einen Aschegehalt von 405 mg/100 g, demnach 0,405 Prozent. Aber wozu ist das gut zu wissen?
Nun, Mehl wird bekanntlich durch Mahlen von Getreide gewonnen. Das Getreidekorn besteht aus dem Mehlkörper, dem darin eingebetteten Keimling und der Schale. In der Schale sitzen die Mineralstoffe wie Eisen, Magnesium usw. Wird das Korn beim Mahlen gebrochen, trennen sich der Mehlkörper, der Keimling und die Schale (mit den darin befindlichen Mineralstoffen). Je nachdem, wie fein gemahlen wird, entscheidet sich, wie viele Schalenbestandteile im Mehlanteil verbleiben.
Wird das Korn nur grob gebrochen, so bleibt ein geringer Anteil der Schalen im Mehlkörper. Das Mehl ist dann weiß, besteht überwiegend aus dem Stärkeanteil einschließlich des Mehleiweißes und enthält mangels Schalenbestandteilen eben wenig Mineralstoffe. Dieses Mehl nennt man auch „Auszugsmehl“. Geringer Schalenanteil heißt auch geringer Aschegehalt, also eine niedrige Mehl-Type wie z. B. das 405er Mehl. Die Backeigenschaften sind besonders gut, weil eben nahezu nur Stärke und Eiweiß verbacken werden. Zusammen mit Wasser, Hefe und Salz entsteht im Falle von 405er Weizenmehl ein luftig lockeres Weißbrot, Baguette oder Brötchen. Schmeckt sehr gut.
Wird das Mehl aber hoch ausgemahlen, so verbleiben mehr Schalenbestandteile im Mehl, der Mineralstoffgehalt ist höher und das Mehl ist folglich auch dunkler. Aber die Backeigenschaften ändern sich, sie werden nämlich mit zunehmendem Schalenanteil immer schlechter, das heißt es entsteht eine weniger luftig lockere Krume.
Zu erkennen sind diese Mehle eben an der hohen „Typenzahl“. Aber auch damit kann man backen, nur eben anders, z. B. aus einem Roggenmehl der Mehl-Type 1740 ein sehr kräftiges dunkles Roggenmischbrot. Schmeckt auch gut, aber eben anders.
Aber wieso ist das Maß eigentlich „Asche“? Ist da etwa Asche im Brot? Nun, um den Schalenanteil im Mehl mit den bekannten Mineralstoffen messen zu können, erhitzt der Chemiker eine Probe des Mehls bei 900 Grad Celsius in einem so genannten Muffelofen, bis nur noch die Asche (= Mineralstoffoxide) übrig bleibt. Diese wird ausgewogen und schon hat er das Maß aller Dinge, äh, aller Mehle.
Die Mehle, die der Bäcker verwendet, sind nämlich hoch standardisiert, damit das vom Verbraucher gewünschte Brot auch täglich über das ganze Jahr immer gleich gebacken werden kann. Je nach Witterung schwankt die Qualität des Brotgetreides (Stärkeanteil, Eiweißgehalt usw.) von Jahr zu Jahr und von Anbauregion zu Anbauregion nämlich ganz erheblich. Ihre Oma kannte das noch – in nassen Sommern konnte sie kein anständiges Brot backen. Daher werden die unterschiedlichen Mehle heute gemischt und damit so standardisiert, dass eben immer der gleich „Typ“ heraus kommt – die Mehl-Type mit einem ganz bestimmten Schalen- und dementsprechend Mineralstoffanteil!
Dass Ihr Brot, welches Sie jeden Tag beim Bäcker kaufen, jeden Tag gleich schmeckt und gleich aussieht, ist also kein Zufall und auch nicht mehr witterungsabhängig, sondern das Ergebnis einer – wie könnte es in Deutschland auch anders sein – DIN-Norm!
Hier eine Übersicht über die gängigsten Mehl-Typen nach DIN 10355:
Weizenmehl:
Type 405: Haushaltsmehl, gute Backeigenschaften
Type 550: Vielzweckmehl für feinporige Kuchenteige
Type 812: für helle Mischbrote
Type 1050: für Mischbrote im Haushalt
Type 1600: für dunkle Mischbrote
Roggenmehl:
Type 815: für sehr helle Roggenbrote
Type 997: für Roggenmischbrote
Type 1150: regional verbreitet für Roggenmischbrote
Type 1370: für typisches Roggen- und Roggenmischbrot
Type 1740: für dunkle Roggen- und Roggenmischbrote
Also merke: Je höher die „Type“, desto dunkler das Mehl und das daraus hergestellte Brot.
So, und jetzt noch der entscheidende Hinweis für die Besitzer einer echten Schrotmühle:
Mit dieser Mühle erzeugen Sie kein Mehl, denn Sie trennen ja nicht Mehlkörper, Schale und Keimling voneinander. Im Gegenteil, das ganze Korn, welches Sie oben hineinschütten, kommt unten mehr oder minder gebrochen bzw. eher gequetscht wieder heraus. Sie erhalten also so etwas wie „Backschrot mit Keimling“. Deshalb heißt Ihr Haushaltsgerät auch nicht Mühle, sondern „Schrotmühle“. Der richtige Name wäre eigentlich „Körnerquetsche“. Ein daraus z. B. mit Roggenkörnern hergestelltes Brot hat folglich eher die Konsistenz einer Kanonenkugel. Und deshalb fertigt auch die bodenständige Hausfrau ihr Brot mit DIN-standardisiertem Bäckermehl, dann klappts nämlich auch mit dem Backen.